Was kann Bildbearbeitung?

Der Titel dieses Blogpost hätte auch sein können: „Photoshop ist kein Klärwerk!“ Aber der Reihe nach. Heute morgen habe ich auf Mastodon eine Frage gelesen:

Gibts hier eigentlich schon eine Rubrik “vorher-nachher” oder “heavy editing”?
Manchmal wäre es schon interessant, Beispiele zu sehen, was in der Bearbeitung alles so machbar ist – sowohl im Kleinen, als auch im Großen.

https://photog.social/@Kaya/109966494077862214

Die Diskussion, die sich dazu entwickelte, war recht interessant zu lesen. Einige waren da ebenso neugierig und würden solche Beispiele sehr gut finden. Es gab ein paar Verlinkungen und Vorschläge zu YouTube und Co, in denen verschiedene Herangehensweisen erklärt werden. Aber all diese Vorschläge bzw Gedankenansätze sind von der falschen Seite her gedacht.

Stell die richtigen Fragen

Es geht in der Fotografie und auch in der Bildbearbeitung nicht darum, was man aus einem Bild mit X-Möglichkeiten in Photoshop und Co zaubern kann. Sondern es geht doch darum, was ich mit meinem Foto aussagen möchte und wie ich an dieses Ziel komme, das die Aussage, mein Foto, auch funktioniert. Und dafür brauche ich eine klare Vorstellung, wie mein Foto nachher aussehen muss. Im Vorfeld! Oder spätestens, wenn ich auf den Auslöser gedrückt habe.

Wenn ich ein Foto mache und ich weiß noch nicht, was daraus werden soll, dann wird daraus auch nix. Photoshop ist kein Klärwerk! Wenn ich keine Grundlage habe und wenn ich keine Idee habe, wohin die (Bildbearbeitungs-)Reise gehen soll, dann wird in der Regel daraus nix. Vielleicht gibt es hier und da mal ein Zufallsprodukt, was aber auch dann sicherlich nicht zu den All-Time-Favs gehören wird. Bildbearbeitung rettet niemals Deine fehlende Idee bzw. das fehlende Motiv.

Heute kochen wir…

Beim kochen ist es doch genau das Gleiche. Kein Mensch legt erstmal all seine Tools auf den Tisch und überlegt sich dann, was er heute kocht. Eine Küchenmaschine, ein Backofen, einen Schneebesen, 5 Eier und eine Kartoffel. Schmeißen wir mal alles zusammen, da wird schon was leckeres bei rauskommen. Bitte, das soll jetzt nicht böse gemeint sein, sonder vielmehr der Versuch eine passende Analogie zu finden 😅

In der Regel gibt es ein Rezept, also eine Vorstellung vom Endprodukt, und danach richtet sich alles. Die Zutaten, die Werkzeuge, der Weg. Bei der Fotografie ist es ähnlich. Im Idealfall hast Du im Vorfeld bereits das fertige Foto im Kopf. Hast Du das, fängst Du an, deine Aufgabenliste abzuarbeiten. Die Art, wie Du was aufnimmst und anschließend bearbeitest. Du hast ja eine Vorstellung davon, wie es später auszusehen hat. Dazu gibt es dann Rezepte und Wege, die Du verfolgen kannst. Kennst Du den Weg nicht, fehlt Dir eine Bearbeitungstechnik, gibt es bestimmt schon irgendein Tutorial, in dem Du das lernen kannst. Aber ein Weg ist nur gut, wenn Du weißt, wohin Du gehen willst. Ohne das Ziel vor Augen, wirst Du niemals ankommen.

Ich habe noch so viele, unbearbeitete Fotos…

Wenn Du Dich selbst dabei erwischst, dass Du viele, unbearbeitete Fotos auf Deiner Platte rumliegen hast, bei denen Du hoffst, dass durch eine ultra-fancy Bildbearbeitung ein tolles Foto herauskommt, dann wirst Du eventuell enttäuscht sein. Wenn die Fotos schon länger dort verweilen, hat das seinen Grund. Entweder, Du bist wirklich noch nicht dazu gekommen, die Fotos zu bearbeiten, oder sie sind einfach zu langweilig. Sowas passiert meistens, wenn man einfach ein Foto macht, ohne dabei nachzudenken, warum man auf den Auslöser gedrückt hat.

Ich versuche mir immer zu überlegen, ob es in dem Moment es richtig ist, ob das Motiv, was ich sehe, es wert ist, dass ich es festhalte. Das mag vielleicht etwas arrogant klingen, aber es hilft mir bei der Entscheidung enorm. Denn die Fotos, die ich einfach so mache, ohne einen Grund zu sehen, werden in der Regel auch nicht weiter bearbeitet. Spontan wüsste ich nur ein Foto, auf das ich stolz bin, was aus reinem Zufall entstanden ist, weil ich mein Objektiv testen wollte, bevor ich das eigentliche Portrait Foto gemacht habe. Und das ist das hier:

Trainiere Deine Vorstellungskraft

Meiner Meinung nach ist es viel wichtiger, seine eigene Vorstellungskraft und Kreativität zu trainieren, als hunderte Photoshop-Tricks zu beherrschen. Die Idee macht ein Foto einzigartig, denn die Tools sind i.d.R. für alle zugänglich und somit gleich. Klar, nicht jeder hat jede Software, aber seien wir doch mal ehrlich. So viel Unterschied gibt’s da nicht und letztendlich kommt es nicht auf deine Technik an, sondern auf Deine Kreativität.